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„Wie, was wollen Sie denn damit sagen“, waren die Worte, die mich in meinem ersten Semester in eine Schockstarre versetzt haben. Ich konnte nichts mehr sagen und war von mir selbst erschreckt, da ich  mit diesen Worten vor 650 Mitstudenten auf eine Frage des Professors geantwortet hatte. Eigentlich sehr mutig, nur hatte meine Antwort denselben wissenschaftlichen Anspruch wie ein Beitrag aus dem Nachmittagsprogramm.
Zum Glück hat mich eine Freundin aus dieser misslichen Lage gerettet, indem sie für mich geantwortet hat. Danke dir, Kathi! Das war der Moment in dem ich realisiert habe, dass ich es nicht alleine durchs Studium schaffen muss, sondern tolle Freunde habe, die mir zur Seite stehen.

Freundschaft

Freundschaften sind eine ganz besondere Sache in unserem Leben. Während wir uns unsere Familie nicht aussuchen können, haben wir bei der Wahl unserer Freunde eine schier endlose Palette an Möglichkeiten. Hier können wir uns wirklich die Personen aussuchen, die zu uns passen. Auch halten Freundschaften im Durchschnitt viel länger als unsere Beziehungen. Daher ist es für mich auch so verwunderlich, dass in viel mehr Filmen und Liedern die Liebe im Mittelpunkt steht und so ein richtiger Freundschafts-Film, wie beispielsweise „Friendship!“, viel seltener zu finden ist.

Freundschaften machen uns glücklich

Etliche Studien, wie die von Diener und Seligman (2002), haben gezeigt, dass gute Freundschaften unser Glücksempfinden positiv beeinflussen. In einer fremden Stadt, fernab der Familie mit einer Fernbeziehung, sind es unsere Kommilitonen und Freunde die unser Leben bereichern.

Was macht eine Freundschaft aus?

Was wäre das Studium ohne gemeinsames Kochen, Sport machen, Feiern und Lernen? Was wären wir ohne diese tiefen Gespräche in denen man sich öffnet, Privates über sich preisgibt und merkt, dass unsere Freunde uns eben auch mit allen Ecken und Kanten mögen. Selbst dann noch, wenn wir ihnen beichten, dass wir ab und zu „Bildungsfernsehen“ wie Promi Big Brother schauen. Ist es nicht ein großartiges Gefühl so akzeptiert zu werden wie man ist, sich nicht verstellen zu müssen und einfach gemocht zu werden? Für mich gibt es kaum etwas Schöneres. 😀 Und wenn wir uns gut fühlen, dann haben wir auch mehr Spaß am Studium. So können wir die eine oder andere Durststrecke, wie dem Genuss einem strengen Prüfer mehrmals gegenüberstehen zu müssen, besser überstehen.

Harte Arbeit

Um zu diesem tollen Gefühl zu kommen, müssen wir erst einmal gute Freundschaften aufbauen. Das passiert natürlich nicht von alleine. Es steckt viel Arbeit in einer guten Freundschaft.
Zwischenmenschliche Beziehungen brauchen zwei Komponenten.
Amy Cuddy, eine US-amerikanische Psychologin, hat herausgefunden, dass zwischenmenschliche Beziehungen nur auf zwei Fragen aufbauen: finde ich den anderen kompetent und vertraue ich ihm oder ihr. Wobei letztere Komponente die wichtigere ist. Kannst du meine Geheimnisse für dich behalten oder wirst du sie herumerzählen. Wenn du ein echter Freund sein möchtest, dann solltest du auf jeden Fall diskret sein.

3 Uhr nachts

Wenn ich meine Freundschaften reflektiere, dann fällt mir auf, dass für mich eine Sache besonders wichtig ist: Freunde sind für einander da. Ein Freund brachte mich von seiner eigenen Examensabschlussparty nach Hause, weil ich es mit dem Alkohol total übertrieben hatte. Er hat eine der wichtigsten Partys seines Lebens meinetwegen verlassen, sich um mich gekümmert und dafür gesorgt, dass ich nicht im Straßengraben ende. Basti, danke noch mal dafür! 😀 Das hat mich sehr gerührt und ich habe daraus gelernt, dass Freundschaft immer vor dem Vergnügen steht.

Was keine Freundschaft ist

Ein weiterer Punkt, der Freundschaft für mich ausmacht, ist die Fähigkeit, sich über den Erfolg von Freunden freuen zu können. Wenn du immer neidisch auf den Anderen blickst und hoffst, ihn auszustechen, dann seid ihr keine Freude. Freundschaft bedeutet, tiefe Täler gemeinsam zu durchschreiten, zusammen auf den Gipfeln zu stehen und sich füreinander zu freuen.

Achtung! Free Rider

Ein Problem mit „Freundschaften“ ist, dass man ausgenutzt werden kann. Man macht viel für die andere Person, aber es kommt einfach nichts zurück. Das merkt man jedoch ganz schnell, weil sich diejenigen nur melden, wenn sie etwas wollen. Schwierig wird es, wenn man unbedingt mit Magic „Six Pack“ Mike befreundet sein will oder unbedingt von der Campusschönheit gemocht werden möchte. Dann tun wir irrationale Dinge. Wir wissen zwar, dass wir ausgenutzt werden, können uns aber nicht lösen, weil wir dann denken ohne diese Freundschaft ein Niemand oder nichts wert zu sein. Das ist aber vollkommener Quatsch. Freunde sollten einen so nehmen wie man ist und einander niemals ausnutzen. Sonst ist es keine Freundschaft und man ist ohne diese Menschen immer besser dran. Lasst uns die Zeit dann lieber in neue oder echte Freundschaften investieren.

Wo versteckst du dich, Freund?

Jeder weiß ungefähr was er von einer Freundschaft erwartet. Doch wo finde ich diese Kumpel, mit denen man in seinem Erasmusjahr wegen einer verlorenen Wette nackt durch Chinatown laufen und „Free Tibet!“ rufen kann? (Zum Glück war das das vor der Smartphone Zeit)
1. Erstsemester
Zunächst finden wir am Anfang des Studiums mit ein wenig Offenheit ganz viele neue Freunde. Alle stecken in derselben Situation und versuchen so viele Ersti-Tüten wie möglich zu ergattern. Einen Artgenossen der Spezies „Erstsemester“ einfach anzusprechen fällt nicht jedem leicht, aber man ist fast immer froh, wenn man es getan hat und der Andere auch. Ich habe meine besten Freunde während der Erstiwoche kennengelernt.
2. Gemeinsame Interessen sind das Bindeglied
Aber keine Sorge auch später ist es noch möglich. Auch im bereits vorangeschrittenem Studium findet man oftmals neue Freunde durch gemeinsame Interessen. In Sportkursen, beim AStA, in kleinen Seminaren oder auch bei ehrenamtlichen Tätigkeiten in der Stadt, wirst du ganz viele Menschen kennenlernen. Wenn du dann noch großzügig mit deiner Zeit bist und anderen Menschen zuhören kannst, wirst du keine Probleme haben viele und vor allem innige Freundschaften aufzubauen.

Wie kann man sich unterstützen?

Wie der Titel „Freundschaft – Treibstoff im Studium“ schon sagt, kann man sich vielfältig unterstützen: Unterlagen austauschen, Wege für einander erledigen und sich überraschen. Shawn Anchor beschreibt in seinem Buch The Happiness Advantage eine Vielzahl von Studien die aufzeigen, wie wir uns gegenseitig helfen können. In einer Studie hat man Ärzten vor einem Behandlungstag Süßigkeiten geschenkt. Unabhängig  davon ob sie diese gegessen hatten oder nicht, haben sie bessere Arbeit geleistet. Das können wir auch im Studium anwenden. Ist es nicht großartig, wenn vor einer schwierigen Prüfung beim fiesesten Hund der Fakultät überraschend die Freunde auftauchen, einen umarmen, alles Gute wünschen und dir einen Glücksbringer schenken?
Solche Kleinigkeiten können viel bewirken und wir sollten sie niemals unterschätzen.

Der dümmste Fehler

Können wir beim Thema Freundschaft auch etwas falsch machen? Ja, klar! Wir können unsere Freunde vernachlässigen. Kennst du das, wenn du bis zum Hals in Arbeit steckst und nicht weißt, wie du das alles schaffen kannst? Ich steckte schon sehr oft in dieser Situation und häufig machte ich den Fehler, meine Freunde zu vernachlässigen. Für zwei Wochen ist das okay, aber, wenn es länger andauert, wird es schwierig. Das habe ich am eigenen Leib erfahren, als ich von meiner Doktorarbeit mal vier Wochen Pause brauchte, weil ich nur noch im Büro gewesen bin. Ich bin zu meinen Eltern und Freunden gefahren und habe mich erholt. Der Austausch und die Nähe haben mich wieder zurück in die Spur gebracht.
Freundschaften funktionieren als Ausgleich: Ein gutes Gespräch und gemeinsames Lachen bei einem Glas Wein kann dir einen Großteil deiner Anspannung nehmen. Freunde sind unser wichtigster Trumpf im Kampf gegen Stress und dennoch denken wir, wir haben keine Zeit für sie. Ein wahrer Trugschluss.

Unser Pakt!

Lasst uns heute gemeinsam einen Pakt schließen. Wir werden unsere Freundschaften nicht vernachlässigen und diesen Fehler nicht mehr begehen. Schreibt in die Kommentare ob ihr damit einverstanden seid und wie wir es schaffen können, in den schwierigen Etappen der Achterbahnfahrt unseres Lebens gegenseitig auf uns aufzupassen. Dann werden wir genug Treibstoff haben, um durch das Studium zu kommen. Und jede andere Prüfung des Lebens zu meistern.